
Stromversorgungssicherheit Schweiz

Thema Energiesicherheit: Die Rußland-Sanktionen, die Rußland nicht zu schaden scheinen, den USA, die unter anderem teuer Gas nach Europa verkaufen und Industriebetriebe aus Europa in die USA bringen, nützen und europäischen Ländern schaden, geben weiter zu reden.
Sie haben auch auf die Schweizer Stromversorgungssicherheit Auswirkungen. Der Bundesrat veröffetlichte mehrere Warnungen vor einer Strommangellage und erließ Maßnahmen für eine solche.
In der Schweiz waren zudem in den letzten Jahren hohe Anstiege der Strompreise zu verzeichnen. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom äußert sich aktuell zur Situation:
Die Stromversorgungssicherheit war im vergangenen Winter durchgehend gewährleistet.
Auch für den kommenden Winter schätzt die ElCom die Ausgangslage grundsätzlich als gut ein, Unsicherheiten bestehen vor allem im Zusammenhang mit der Wiederbefüllung europäischer Gasspeicher.
Im Rahmen ihrer aktualisierten mittelfristigen Analyse hält die ElCom an einer Empfehlung für eine Reserve fest: mindestens 500 MW für 2030 und 700 bis 1’400 MW für 2035.
EiCom zu Erneuerbarem-Ausbau und dem Zubau von Reserven: Etappenweises Vorgehen sinnvoll
Jüngst erst kam es in Europa zu einem flächendeckenden Stromausfall. Viele Leute blieben in Aufzügen stecken.
Wegen anhaltender Unsicherheiten bei den Importmöglichkeiten, dem Erneuerbaren-Ausbau und der Verbrauchsentwicklung sei ein etappiertes Vorgehen sinnvoll, um den Zubau von Reserven bei Bedarf anpassen zu können, so warnt die EiCom.
Mit Blick auf die Stromversorgungssicherheit der Schweiz war der vergangene Winter stark von der Stromproduktion der Nachbarländer beeinflußt.
Einerseits profitierte die Schweiz von guten Importmöglichkeiten, v.a. aufgrund der hohen Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke. Anderseits entleerten sich die Schweizer Speicherseen im Zuge geringer Windkraftproduktion in Europa und hoher Spotmarktpreise vor allem zu Beginn des Winters deutlich schneller als in den Vorjahren.
Trotz des teils unterdurchschnittlichen Füllstands der Speicherseen lag der Restspeicherstand am Winterende noch deutlich über der vorab beschafften bzw. für kritische Versorgungssituationen reservierten Wasserkraftreserve.
Ausblick auf den Winter 2025/2026: gute Ausgangslage, anhaltende Unsicherheiten
Die ElCom beurteilt aktuell die Ausgangslage für den kommenden Winter als positiv, doch bestehen weiter Unsicherheiten.
Da Gaskraftwerke für die Versorgungssicherheit in Europa entscheidend sind, bleibt die Verfügbarkeit von Gas ein kritischer Faktor.
Aufgrund des aktuell relativ tiefen Füllstands der europäischen Gasspeicher und bislang beschränkter marktlicher Anreize bestehen Unsicherheiten über das Tempo und das Ausmass einer Wiederbefüllung.
Zudem bestehen im Kontext der geopolitischen Entwicklungen weiter Unwägbarkeiten im globalen Gasmarkt. Positiv ist dagegen die aktuelle Prognose einer hohen Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke.
EiCom: Erneuerbare Energien vom Wetter abhängig
Auch der anhaltende Ausbau der erneuerbaren Energien kann zur Versorgungssicherheit beitragen, allerdings illustriert der vergangene Winter den wachsenden Einfluß der Witterung auf das europäische Stromangebot, so windet sich die EiCom um den heißen Brei herum.
Zu gut Deutsch heißt das, wie auch die jüngsten flächendeckenden Stromausfälle in Europa gezeigt haben, daß erneuerbare Energien eben halt sehr stark vom Wetter abhängig sind. Windenergie gibt es bei viel Wind. Viel Sonnenergie oder sogar – wie jüngst beim Stromausfall in weiten Teilen Südeuropas – zuviel Sonnenenergie gibt es bei viel Sonne.
Im schweizerischen Kontext steigen die Herausforderungen mit außerordentlich hohen Unausgeglichenheiten im Netz, so denn auch die EiCom weiter.
Damit verbunden seien Risiken für die Systemstabilität sowie steigende Kosten für stabilisierende Eingriffe.
Die ElCom beobachtet und analysiert diese Entwicklungen derzeit laufend und hat erste Maßnahmen ergriffen.
Aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten kann keine vollständige Entwarnung im Hinblick auf den kommenden Winter gegeben werden. Aus Sicht der ElCom sind weiterhin vorsorgliche Maßnahmen in Form der Winterreserve (Wasserkraftreserve sowie thermische Reserven) angezeigt.
Mittelfristiger Ausblick bis 2035: Reserven weiterhin notwendig
Zur Beurteilung der mittel- und längerfristigen Stromversorgungssicherheit und zur Dimensionierung von Reserven hat die ElCom ihre Analysen von 2023 aktualisiert.
Dabei wurden neuere Prognosen für die Stromnachfrage, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Laufzeit der Kernkraftwerke unterstellt.
Bedeutende Anpassungen gegenüber 2023 betreffen die Photovoltaik (PV) sowie die Kernkraft: Aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre wird ein stärkerer PV-Ausbau angenommen, gleichzeitig wird beim KKW Beznau aufgrund kommunizierter Pläne des Betreibers eine verlängerte Laufzeit bis 2033 unterstellt.
Als Basis für die ElCom-Reserveempfehlung dient weiterhin primär die Winterproduktionsanalyse.
Diese mißt die Resilienz des Schweizer Versorgungssystems anhand Parameter zur Winterimportabhängigkeit. Die Zielgrössen für eine minimale Resilienz und die Ableitung nötiger Reserven sind ein maximaler Netto-Import von 5 bzw. 7,5 TWh sowie eine Selbstversorgungsfähigkeit von mindestens 22 Tagen im späten Winter (März).
Streßsituationen
Um Hinweise auf den Einfluss des europäischen Kontextes sowie die Auswirkungen besonderer Streßsituationen zu erhalten, wurde ergänzend dazu eine sogenannte System-Adequacy-Analyse für die Jahre 2028, 2030 und 2035 erstellt.
In den von Swissgrid im Auftrag der ElCom durchgeführten Simulationen wird das Zusammenspiel von Kraftwerkskapazitäten, Verbrauch sowie von Stromimporten und -exporten untersucht.
In den Basisszenarien wird ein «Normalzustand» mit üblicher Kraftwerksverfügbarkeit und unterschiedlichen Wettersituationen simuliert. Bei den Streßszenarien wird zusätzliche Anspannung durch reduzierte Gas- und Kernkraftwerksverfügbarkeit modelliert.
Die verschiedenen Szenarien werden schliesslich mit unterschiedlichen Importmöglichkeiten kombiniert.
Weder die aktualisierte Winterproduktionsanalyse noch die Adequacy-Analyse zeigen gegenüber 2023 eine Entspannung mit Blick auf die Versorgungssituation 2035.
Die ElCom hält daher weiterhin an der Empfehlung einer Reservevorhaltung fest. Sie empfiehlt für 2030 die Vorhaltung von Reserven im Umfang von mindestens 500 MW und von 700 bis 1’400 MW für 2035.
Ein darüber hinaus-gehender Reservebedarf bis 2035 ist nicht auszuschliessen, v.a. in einem Szenario mit stark reduzierten Importkapazitäten, d.h. ohne Stromabkommen oder technische Vereinbarung.
Damit ist die Empfehlung der ElCom für 2035 gegenüber 2023 unverändert, für 2030 aufgrund der Verfügbarkeit des Kernkraftwerks Beznau sowie des höheren Erneuerbaren-Ausbaus leicht tiefer (bislang galt die Empfehlung von 700 bis 1400 MW auch für 2030).
Gerade wegen der grossen Unsicherheiten über Ausmass und Geschwindigkeit des Erneuerbaren-Ausbaus, die Entwicklung der Stromnachfrage und die Laufzeiten der Kernkraftwerke ist nach Ansicht der ElCom eine solche Reserve als Versicherung weiter nötig.
Die Adequacy-Analyse illustriert ausserdem den besonders großen Einfluß der Verfügbarkeit von Importkapazitäten im Netz zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit – dies selbst in einem Szenario mit europaweitem Streß.
Im Fall von deutlich reduzierten Importkapazitäten würde eine Reservevorhaltung im oberen Bereich oder gar darüber hinaus notwendig. Um den vielschichtigen Unsicherheiten Rechnung zu tragen, empfiehlt die ElCom – so weit als möglich – ein etappiertes Vorgehen bei der Beschaffung der Reserven.
Die ElCom reevaluiert laufend die Entwicklungen und prüft Anpassungen bei der Analyse bzw. der Reserveempfehlung.
Das «Grundlagenpapier Winterproduktion» ist auf der Webseite der ElCom publiziert, genauso wie eine Zusammenfassung der Studie zur System Adequacy. Die Studie selbst folgt in Kürze.
Berichte und Studien der ElCom: Versorgungssicherheit und Internationales
(pd, rm)
